Hamburger Hafen
Hamburg stellt um auf Bilanzierung
Am 15.08.2006 hat Hamburg als erstes Bundesland eine Bilanz vorgelegt. Es handelt sich um die Eröffnungsbilanz zum 01.01.2006. Eine erste Gewinn- und Verlustrechnung, nämlich die für das Jahr 2006, soll ein Jahr später folgen.
Hintergrund ist der Übergang von der kameralistischen zur doppelten Buchführung (= von der "Kameralistik" zur "Doppik"). Die kameralistische Buchführung wird ausschließlich und noch ganz vorherrschend in der öffentlichen Verwaltung eingesetzt. Die doppelte Buchführung (= kaufmännische Buchführung) ist gesetzlich vorgeschrieben für alle privaten Wirtschaftsunternehmen.
Es gibt enorme Unterschiede zwischen den beiden Verfahren. Die wichtigsten:
- Die Kameralistik erfasst nur die Bewegungen an Geld, also die Einnahmen und Ausgaben. Die kaufmännische Buchführung erfasst darüber hinaus den Zustand und die Veränderung anderer Vermögensgegenstände wie z.B. Immobilien und Fahrzeuge. Beispielsweise fehlen folgende wichtige Aussagen in der Kameralistik: "Das Unternehmen hat Grundbesitz im Wert von 1 Mio €." Oder: "Der Wertverlust der Fahrzeuge im abgelaufenen Jahr betrug 100.000 €."
- Die doppelte Buchführung erfasst Erträge und Aufwendungen in dem Jahr, in dem sie wirtschaftlich entstanden sind. Die Kameralistik erfasst sie in dem Jahr, in dem das Geld fließt. Dramatisch wird dieser Unterschied bei den Beamtenpensionen deutlich. Nur die doppelte Buchführung lässt erkennen, welcher Berg an Pensionsansprüchen sich durch die große Zahl an aktiven Beamten allmählich aufbaut. Denn hier wird Jahr für Jahr errechnet, ob die Summe der Pensionsansprüche steigt oder fällt. Die Kameralistik berücksichtigt allein die späteren Auszahlungen der Pensionen.
Die Umstellung auf die doppelte Buchführung ist seit Jahrzehnten überfällig. Es ist grotesk, dass etwa der Bund die Einnahme aus dem Verkauf von Telekom-Anteilen als Einnahme verbucht, ohne den Verlust dieser Anteile im Vermögen zu erfassen. Und die wirtschaftliche Steuerung etwa der Schulen, Kindergärten und des Straßennetzes ist nur dann möglich, wenn auch der Wertverzehr durch Abnutzung und Alterung ("Abschreibung") erfasst und berücksichtigt wird.
Die Liste dieser Beispiele ließe sich beliebig fortführen. Die Kameralistik taugt für eine Imbissbude, aber nicht für wirtschaftliche Einheiten, die Milliarden bewegen. Das Rechnungswesen der Behörden hinkt ca. 100 Jahre hinter dem der Unternehmen hinterher!
Stand: August 2006