Bundestag und Bundesrat haben in die Verfassung eine Regelung eingefügt, die die Staatsverschuldung ab 2020 auf die dann erreichte Höhe einfrieren soll:
Eine Regelung mit Schlupflöchern
Es ist gut, dass die 40 Jahre alte
Regelung zur Schuldenbegrenzung durch eine neue ersetzt wird. Denn seit Jahrzehnten ist klar, dass die alte Regelung komplett unwirksam ist. Und günstig ist, dass die Vorschrift Verfassungsrang hat. Sie kann also nur mit einer Zweidrittelmehrheit geändert werden. Die jährlichen Haushaltsgesetze des Bundes und der Länder müssen dieser neuen Verfassungsregelung entsprechen. Dies kann die jeweilige Opposition von den Verfassungsgerichten nachprüfen lassen. Diese können ein verfassungswidriges Haushaltsgesetz aufheben.
Ungünstig ist, dass die bisher schon aufgelaufenen und die bis 2020 entstehenden Schulden nicht betroffen sind. Ziel der Regelung ist also nicht Tilgung der vorhandenen Schulden, sondern nur Verhinderung, dass es noch schlimmer kommt. Angesichts der Schuldenentwicklung in den letzten Jahrzehnten ist das nur realistisch.
In die Regelung eingebaut ist sogar ein Mechanismus für weiteren Anstieg. Nur soweit die Neuverschuldung des Bundes 1,5% des Bruttoinlandsprodukts übersteigt, muss getilgt werden. Mit anderen Worten: Neuverschuldung in Höhe von 1,5% ist erlaubt. Auch das erscheint gerade noch vertretbar. Denn Basis der Berechnung ist jeweils das nominelle Bruttoinlandsprodukt. Und dieses steigt Jahr für Jahr durch Geldentwertung. Wenn die langfristige Inflationsrate bei 1,5% liegt, dürfen die Schulden also "nur" im Takt mit der Wirtschaft wachsen. Das wäre schon ein Fortschritt. 17.11.2009 Absatz gestrichen, da inhaltlich falsch
Aber darüber hinaus lässt die neue Regelung mindestens zwei schlimme Schlupflöcher!
Erstens müssen die Neuschulden über 1,5% aus konjunkturellen Abschwungphasen nur "
konjunkturgerecht" getilgt werden (Art. 115 Abs. 2 S. 4 GG). Es steht zu befürchten, dass passieren wird, was immer passiert ist: In Aufschwungphasen wird die Regierung behaupten, Tilgung sei jetzt nicht konjunkturgerecht.
Und zweitens kann sich die Regierung frisches Geld beschaffen, wenn eine "
außergewöhnliche Notsituation" eintritt. In der Vergangenheit mag man denken an die Ölkrise von 1973, die Wiedervereinigung von 1989, die terroristischen Anschläge von 2001 und zukünftig an den Klimawandel, vielleicht auch an schwere Spannungen im Renten- und Gesundheitssystem. Hier muss gemäß Art. 115 Abs. 2 S. 8 GG nur "
binnen eines angemessenen Zeitraums" getilgt werden - das ist die Verschiebung auf den St. Nimmerleinstag.