Am 12.07.2010 hat die Bundesregierung den anderen EU-Mitgliedstaaten vorgeschlagen, ein Insolvenzverfahren für Staaten einzuführen. Die Pläne sind bisher noch sehr vage.
Der Vorschlag fügt sich in einen interessanten Trend ein, die Folgen unmäßiger Staatsverschuldung auf die Gläubiger zu beschränken und die übrige Volkswirtschaft möglichst weitgehend davon abzuschotten. Am Ende könnte stehen, dass nur die Gläubiger des Staates ihr Geld verlieren, dass aber die Bürger und Privatunternehmen vergleichsweise wenig berührt werden.
Im Laufe mehrerer Jahrzehnte haben die Schulden vieler Staaten eine Höhe erreicht, bei der eine Zahlungsunfähigkeit möglich erscheint. In der
Geschichte war der Ausweg meist eine Währungsreform: Alle Geldmittel und Guthaben, also auch alle Verbindlichkeiten, wurden abgewertet. Dies betraf gleichermaßen staatliche und private Schulden und Guthaben. Die Sparer und Kapitalanleger wurden unterschiedslos enteignet.
Nach der gegenwärtigen Rechtslage läuft Mitte 2013 der europäische
Rettungsschirm aus. Wenn beispielsweise Griechenland dann seine Schulden nicht aus eigener Kraft bedienen kann, könnte ein bis dahin zu schaffendes Verfahren eingreifen. Es würde vermutlich nach dem Vorbild der privatrechtlichen Insolvenzgesetze aus vier Hauptelementen bestehen:
- Insolvenzverwalter: Einschränkung der Verfügungsmacht der Regierung über Barmittel
- Vollstreckungsschutz: Verbot von Vollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger, insbesondere von Kontopfändungen
- Reorganisation: Neuordnung der Einnahmen und Ausgaben, um eine neue Schuldenkrise zu vermeiden
- Erlass: Zwangsweise Herabsetzung der Schulden und Zinsen
Die Währung und damit die privaten Guthaben und Schulden wären davon nicht unmittelbar berührt. Schwer betroffen wären dagegen alle, die dem Staat Geld geliehen haben, beispielsweise Banken, Lebensversicherungen und die Versorgungswerke.
Es gibt neuere Vorbilder für einen solchen Prozess: Argentinien hat sich 2001 für zahlungsunfähig erklärt und seine Gläubiger gezwungen, auf einen Teil ihrer Forderungen zu verzichten. Auch die Aktion Erlassjahr 2000 zielte und zielt in diese Richtung.
Für die Euro-Zone wäre ein solches Verfahren besonders sinnvoll, damit die Zahlungsunfähigkeit eines einzelnen Staates nicht die gemeinsame Währung ruiniert. Langfristig dürfte die Folge sein, dass Gläubiger sehr viel vorsichtiger mit der Kreditvergabe an Staaten werden. Für die Staaten wird es dann sehr viel schwieriger, neue Schulden aufzunehmen und alte Anleihen umzuschulden.