Weiter wie bisher: Wie in den letzten Jahrzehnten wird die Gesamtverschuldung laufend erhöht.
Wenn wir diesen Weg gehen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir ernste Finanzkrisen, dann den partiellen Zusammenbruch der staatlichen Ordnung erleben. Das Beispiel Russland zeigt uns, dass das Unvorstellbare Wirklichkeit werden kann.
Ab welcher Schuldenhöhe solche für alle spürbaren schweren Folgen eintreten, kann indessen niemand vorhersagen. Der maßgebliche Faktor ist das Vertrauen der Gläubiger, denn von diesen haben wir uns abhängig gemacht: Wenn die Gläubiger nicht mehr darauf vertrauen, dass sie ihr Geld pünktlich und vollständig zurückerhalten, werden sie die für die Umschuldung laufend nötigen frischen Kredite nur noch zu wesentlich höherem Zins oder gar nicht mehr gewähren.
Totaler Kreditstopp: Es wird ab sofort kein weiterer Kredit aufgenommen.
Leider haben wir diese Möglichkeit nicht. Denn es werden laufend Kredite zur Rückzahlung fällig. Sie werden immer dadurch zurückgezahlt, dass neue Kredite aufgenommen wurden (Umschuldung). Dabei geht es jährlich um mehr als 300 Mrd. €. Wenn wir die Umschuldung abbrechen, hat dies innerhalb von Tagen den Finanzkollaps des Staates zur Folge: Schlagartig können die Gehälter im öffentlichen Dienst nicht mehr gezahlt und die Sozialleistungen nicht mehr erbracht werden. Die Umschuldung muss also weitergehen.
Schlagartig Neuverschuldung Null: Es wird nur noch umgeschuldet, aber kein Kredit darüber hinaus aufgenommen.
Auch dies ist keine realistische Alternative. Die Steuern lassen sich nicht mehr im dazu erforderlichen Maße erhöhen. Umgekehrt haben wir in den vergangenen Jahren mehrfach erlebt, wie schwer eine Kürzung der Staatsausgaben um nur 5 Mrd. € durchzusetzen war. Eine Regierung, die von einem Jahr auf das andere keine neuen Schulden mehr macht, wird aus dem Amt gefegt. Es käme zu öffentlichen Unruhen sowie einem Ausfall an Nachfrage, der zu schwersten Störungen in der gesamten Volkswirtschaft führt.
Neuverschuldung in Höhe des Wirtschaftswachstums: Die Schulden dürfen weiter steigen, aber nicht schneller, als die Wirtschaft wächst. Dies ist der Kern der Maastricht-Regeln.
Das Schuldenproblem wird damit eingefroren, aber nicht gelöst. Dieser Weg ist mit zwei schweren Nachteilen verbunden: Erstens muss die Regierung sich in Zukunft prozyklisch verhalten: Ausgerechnet wenn die Wirtschaft schwach wächst oder gar schrumpft, muss sie den schärfsten Sparkurs fahren. Und zweitens bleiben die Zinslasten unerträglich hoch.
Neuverschuldung Null innerhalb einer festgelegten Periode: Es wird weiter umgeschuldet, der Schuldenberg wird weiter erhöht, aber von Jahr zu Jahr weniger, bis nach einer definierten Frist (1 Wahlperiode?) die Gesamtverschuldung auf der dann erreichten Höhe eingefroren wird.
Dies ist die einzige brauchbare Alternative. Tilgen können wir die Schulden nicht, aber wir müssen versuchen, die Zinslast einzufrieren. Nach sehr langer Zeit wird sie dann durch Wirtschaftswachstum und allgemeine Preissteigerungen erträglich. Nach einer Modellrechnung von Dieter Meyer würden sich die Schulden gemessen am Bruttoinlandsprodukt innerhalb von 25 Jahren halbieren, wenn die Neuverschuldung innerhalb von 4 Jahren auf Null zurückgeführt wird.
Die USA sind diesen Weg mehrere Jahre lang unter dem Schlagwort vom ausgeglichenen Haushalt (balanced budget) mit durchschlagendem Erfolg gegangen. Auch in der Schweiz wurde eine Regelung eingeführt, die die Staatsausgaben eines Konjunkturzyklus an die Einnahmen in diesem Zyklus koppelt ("Schweizer Schuldenbremse"). Was uns fehlt, ist eine Verfassungsregelung, die diesen Weg für Bund, Länder und Gemeinden vorschreibt.