Was ist der Fiskalpakt?
Der Fiskalpakt ist ein Vertrag zwischen allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Großbritannien und Tschechien. Mit ihm soll die Staatsverschuldung in den vertragschließenden Staaten gedämpft werden. Der Fiskalpakt ergänzt den in Maastricht vereinbarten Stabilitätspakts von 1992 und ähnelt der deutschen Schuldenbremse von 2009. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt (April 2012) haben lediglich die Regierungen den Pakt unterzeichnet. Er tritt erst in Kraft, wenn auch die nationalen Parlamente zugestimmt haben. Nach den schlechten Erfahrungen mit dem Vertrag von Lissabon reicht es aus, wenn die Parlamente von 12 Vertragsstaaten dem Pakt zustimmen. Er tritt dann zunächst zwischen diesen Staaten in Kraft, und zwar frühestens am 01.01.2013. In Deutschland ist eine 2/3‑Mehrheit des Bundestages erforderlich.Eine kommentierte Fassung des Wortlauts steht hier.
Fiskalpakt und Schuldenbremse (nur Bund) im Vergleich:
Fiskalpakt | Schuldenbremse |
Geltungsbereich: geplant alle EU-Staaten außer UK und CZ | Deutschland |
Inkrafttreten:geplant 2013 | 2016 |
Grenze für Jahresdefizit: 0,5% | 0,35% |
Berücksichtigung von Konjunkturschwächen: Bei der Berechnung des Defizits wird versucht, konjunkturbedingte Faktoren herauszurechnen, Art. 3 Abs. 3. | In Abschwungphasen sind höhere Defizite erlaubt, die auf einem "Kontrollkonto" festgehalten werden und im nächsten Aufschwung auszugleichen sind. |
Welches Gericht wacht über Einhaltung? Der Europäische Gerichtshof | Das Bundesverfassungsgericht |
Wer kann klagen? Die EU-Kommission und die anderen Vertragsstaaten | Ein Viertel der Bundestagsabgeordneten, Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 Grundgesetz |
Was kann das Gericht tun? Verurteilung zu "erforderlichen Maßnahmen" (Art. 8), keine Zwangsmittel | Feststellung, dass ein Jahreshaushaltsgesetz ganz oder teilweise verfassungswidrig ist; Regierung kann dann nicht mehr wie geplant Geld ausgeben und Schulden machen. |
Wer trägt das Insolvenzrisiko? Wegen Rettungsschirmen und gemeinsamer Währung alle Staaten der Währungsunion | der Staat, der die Schulden gemacht hat, also Deutschland allein |
Der Vertrag startet mit einer schweren Hypothek: Dem Maastricht-Stabilitätspakt. Das Vertrauen der Bürger Europas ist nahe Null, denn sie mussten ohnmächtig mitansehen, wie dieser scheiterte: Erst wurden mit Italien, Belgien und Griechenland Staaten aufgenommen, die die festgelegten Beitritts-Voraussetzungen gar nicht erfüllten. Dann wurden die Sanktionen (ausgerechnet vom angeblich so stabilitätsbewussten Deutschland) ausgehöhlt und in der Folge nicht ein einziges Mal verhängt. Und am Ende wurden die von den Architekten des Pakts errichteten Brandmauern eingerissen: In einer einzigen Nachtsitzung vom 09.05.2010 setzen die Finanzminister die beiden zentralen Verbote außer Kraft, die für Schuldendisziplin hätten sorgen können: Das Verbot der Haftung der Staaten untereinander und das der Staatsfinanzierung über Darlehen der Europäischen Zentralbank. Dabei waren sie hierzu überhaupt nicht befugt, aber niemand konnte ihnen in den Arm fallen! In der ganzen Zeit sind die Schulden Europas gewaltig gestiegen. Der Stabilitätspakt hat damit die Unfähigkeit der europäischen Institutionen bloßgelegt, das Schuldenproblem zu lösen - schlimmer noch, sie verschärfen es!
Leider ist auch der Fiskalpakt ein Papiertiger. Zwar kann jetzt ein Land, das den Pakt verletzt, vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt werden. Aber dieser hat keine Macht, einen Mitgliedstaat zu irgend etwas zu zwingen. Und auch die Idee eines von Brüssel geschickten Sparkomissars, der die Macht über die Finanzen eines Landes übernimmt, wurde nicht umgesetzt. Die nationale Haushaltsautonomie, das Recht, so viel Schulden zu machen, wie man es für nötig hält, blieb unangetastet.
Stand: 7. April 2012
Leider ist auch der Fiskalpakt ein Papiertiger. Zwar kann jetzt ein Land, das den Pakt verletzt, vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt werden. Aber dieser hat keine Macht, einen Mitgliedstaat zu irgend etwas zu zwingen. Und auch die Idee eines von Brüssel geschickten Sparkomissars, der die Macht über die Finanzen eines Landes übernimmt, wurde nicht umgesetzt. Die nationale Haushaltsautonomie, das Recht, so viel Schulden zu machen, wie man es für nötig hält, blieb unangetastet.
Stand: 7. April 2012