Stichworte zur Geschichte der Staatsverschuldung
Ab dem 13. Jahrhundert: Reiche Fernhandelshäuser in Oberitalien beginnen, ihr Kapital bankmäßig zu verleihen, unter anderem an Fürsten. Hintergrund sind oft Kriege, für die der Fürst nicht genug Geld hat.15. und 16. Jahrhundert: Von Florenz aus finanzieren die Medici Fürsten in ganz Europa und verschiedene Päpste. 1519 bezahlen die Augsbuger Fugger die Wahl eines Habsburgers zum deutschen Kaiser. Im Gegenzug erlangen die Darlehensgeber jeweils politischen Einfluss sowie Zugriff auf riesige staatliche Vermögen und Einnahmen.
1715-1720: Nach dem Tod Ludwigs des XIV. von Frankreich hat der Staat 3 Mrd. Livres Schulden - etwa das 20-fache seiner jährlichen Einnahmen. Die staatliche Münzanstalt wird an den Kaufmann John Law verkauft. Dieser lässt Banknoten über 2,6 Mrd. Livres drucken und ruiniert damit die Währung.
1740-1786: Friedrich der Große von Preußen ist die ungewöhnliche Ausnahme seiner Zeit. Während die Länder ringsum insbesondere im Krieg Schulden aufhäufen, sammelt er systematisch einen Schatz an, um die Unabhängigkeit Preußens zu sichern. Seinem Nachfolger hinterlässt er die damals riesige Summe von 51 Mio. Talern (Quelle 21).
1789-1896: In der französischen Revolution werden "Assignaten" ausgegeben, die durch den Wert der beschlagnahmten kirchlichen Güter gedeckt sein sollen. Doch werden sie bald in so ungeheurer Menge gedruckt, dass die Währung zusammenbricht. Am Ende werden die Druckstöcke und Matrizen auf einem Scheiterhaufen verbrannt.
1871-1914: Das Deutsche Reich in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg war zeitweise schuldenfrei. Im Juliusturm in der Zitadelle von Berlin-Spandau wurde der "Reichskriegsschatz" verwahrt. Dabei handelte es sich allerdings nicht um Ersparnisse, sondern um von Frankreich gezahlte "Kriegsentschädigung".
1914-1923: Vor Beginn des Ersten Weltkriegs hat das Deutsche Reich ca. 5 Mrd. Mark Schulden. Zur Finanzierung des Krieges werden 47 Mrd. Mark neues Geld gedruckt und Anleihen von annähernd 100 Mrd. Mark verkauft. Das Ergebnis: bizarre Hyperinflation im Jahre 1923, dann Währungsreform. Der Staat ist befreit von allen Schulden. Die Sparer aber verlieren ihr gesamtes Vermögen - und dazu das Vertrauen in die Weimarer Republik. Auf diese Weise bereitet die Staatsverschuldung des Kaiserreichs den Boden für Hitler.
1923-1933: Um eine neue Inflation zu verhindern, werden die Staatsausgaben gedrosselt. Als 1929 die Weltwirtschaftkrise einsetzt (Schwarzer Freitag an der New Yorker Börse), verstärkt diese Politik die Krise und trägt zu Massenarbeitslosigkeit bei. Verzweifelte Wähler wenden sich in Scharen den Nationalsozialisten zu.
1933-1948: Nach der Machtergreifung erhöhen die Nationalsozialisten sofort die Staatsausgaben, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und um den Krieg vorzubereiten (Aufrüstung). Ohne Rücksicht auf die Folgen wird die Geldmenge unter anderem durch Mefo-Wechsel erhöht. Nach dem Krieg ist das Geld erneut wertlos. 1948 muss wieder eine neue Währung eingeführt werden, in der Bundesrepublik die D‑Mark, in der DDR die Mark der DDR. Einmal mehr haben die Sparer alles verloren, und der Staat ist weitgehend schuldenfrei.
ab 1948: In den Anfangsjahren der Bundesrepublik werden unter Finanzminister Schäffer Haushaltsüberschusse erwirtschaftet. In Anspielung auf die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg werden diese wiederum "Juliusturm" genannt. Ab 1955 beginnt das ständige Schuldenmachen, das bis heute angehalten hat.
Stand: Februar 2010